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3 Fragen an …

1. „Weltsehbehindertentag“, Herbert, wie geht es Dir an diesem Tag? Welche Alltäglichkeiten können euch sehbehinderte Menschen die Teilhabe erleichtern?

Das ist gar nicht so einfach. Was ich mir wünschen würde, ist ein anderer Umgang der sehenden Menschen mit uns Blinden. Mehr Aufmerksamkeit im Alltag. Viele merken gar nicht, dass wir mit einem langen, weißen Stock „sehend“ uns durchs Leben tasten, also ganz andere Alltagserfahrungen machen. Oft höre ich Sätze wie „oh, ich habe Sie gar nicht gesehen“, wenn eine Kollision droht. Oder die normal Sehenden wissen gar nichts über die Piktogramme der drei schwarzen Punkte auf gelbem Kreis beziehungsweise über das internationale Zeichen einer weißen Figur mit Stock auf blauem Grund. Sie wissen es einfach nicht, weil sie es nicht kennen. Das finde ich schade und grenzt uns sehr aus. Dabei leben wir sonst ein Leben, wie jeder andere Mensch auch.

Ich bin zum Beispiel mit weniger als zwei Prozent Sehkraft juristisch blind, kann aber trotzdem Umrisse und natürlich Stimmen erkennen. Ich höre eben besser hin, wie man so sagt.

Ach-ja, da wäre dann doch noch etwas, das mich heute umtreibt. Diese Elektroroller in der Stadt. Oftmals stehen die einfach auf Gehwegen, vor Geschäften. Sie stehen im Wege, und wir können diese Stolperfallen nicht, oder nur zu spät erkennen. Bitte Nutzer dieser Roller, stellt die Dinger nicht uns in den Weg. Achtsamkeit wäre schön.

2. Was hilft dir im Alltag?

In jedem Fall der weiße Stock, wenn ich das Haus verlasse, Einkäufe mache oder zu Kolpings gehe. Aber das wichtigste Gerät für alle Lebenslagen ist mein IPhone. Das ist mir sehr, sehr wichtig. Ich kann damit nicht nur anrufen, sondern Sprachnachrichten versenden, Emails abrufen und beantworten, ich kann mir Bücher und Tageszeitungen vorlesen lassen. Auch bieten viele Büchereien ein breites Spektrum an eBooks und andere Hörformate an. Das ist Teilhabe. Ich bin autark, brauche keine Hilfe von Dritten und stehe im Leben. Die heutige Technik gefällt mir sehr gut.

Weiterhin schätze ich auch sehr die Hilfe von VRR und Deutscher Bahn, die eine App anbieten, die wiederum uns quasi als Fahrplanauskunft zur Verfügung steht. Per Sprachnachricht können wir so die richtige Bahn, den Bus pünktlich erreichen. Das ist Bewegungsfreiheit.

Und dann die Erkennungssoftware „Be My Eyes“. Toll! Kennt man sich an einem fremden Ort nicht aus, filmt man die Umgebung und bekommt nach Anfrage eine akustische Erklärung, wo man so ist. Eine große Hilfe, wenn man unterwegs ist.

3. Was vermisst du? Was wünschst Du Dir für die Zukunft?

Ich bin spät erblindet; ich war bereits 60 Jahre alt und wollte einfach mit Frau, Hund und Cabrio den Niederrhein bereisen, fotografieren, genießen. Nun habe ich ein anderes Leben, danke dabei meiner Frau für die viele, viele Unterstützung und hoffe, dass wir noch viele schönen Stunden gemeinsam verbringen dürfen. Ich bin dankbar für die kleinen Dinge des Lebens.

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Herbert Lauth, Vorsitzender der Kolpingsfamilie Mönchengladbach im Bistum Aachen, verheiratet, drei Kinder und zurzeit drei Enkel. Meine Hobbies sind gute Hörbücher hören und gemeinsam mit meiner Frau reisen.

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Der Sehbehindertentag ist ein deutscher Aktionstag unter dem Motto „Ich sehe so wie du nicht siehst“ und soll auf die Situation sehbehinderter und blinder Menschen aufmerksam machen. Vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) 1998 ins Leben gerufen, findet er seither jährlich am 6. Juni statt.