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Nicht aus dem Blick verlieren

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Am 4. Dezember 2000 erklärte die UN-Generalversammlung mit der Resolution 55/76 zum bevorstehenden 50. Jahrestag der Gründung des UNHCR den 20. Juni zum Weltflüchtlingstag (1).

„Flucht bezeichnet allgemein eine Reaktion auf Gefahren, (existentielle) Bedrohungen oder als unzumutbar empfundene Situationen. Bei den Tieren gehört „Fluchtverhalten“ zum natürlichen Verhaltensrepertoire.

Beim Menschen ist die Flucht ein plötzliches und eiliges, manchmal auch heimliches Verlassen eines Aufenthaltsorts oder Landes. Die eilige Bewegung weg von der Bedrohung ist oft ziellos und ungeordnet, eine Flucht kann aber auch das gezielte Aufsuchen eines Zufluchtsorts sein. Im Allgemeinen werden Flüchtende als „Flüchtlinge“ bezeichnet.“ (2)

So nüchtern und emotionslos liest sich die Beschreibung des Wortes Flucht in Wikipedia. Doch dahinter stecken fast 80 Millionen Schicksale. Laut Angaben der UNHCR befanden sich Ende 2019 fast 80 Millionen Menschen auf der Flucht (3) – das sind so viele Menschen, wie Deutschland Einwohner*innen hat. Die Fluchtgründe sind vielfältig – die Konsequenzen für die Menschen, die ihre Heimat verlassen, auch. Viele Menschen können in ihrer neuen Heimat Fuß fassen, viele Menschen, erleben das Gefühl „Heimat“ neu. Aber noch viel mehr Menschen kommen „vom Regen in die Traufe“. Sie leben nun unter unwürdigsten hygienischen und sozialen Bedingungen in Lagern an den verschiedenen Grenzen in Europa und der Welt. Sie können nicht zurück – sie können aber auch nicht nach vorne.

Unzählige Menschen schaffen es aber noch nicht einmal bis in die Lager. Sie verlieren ihr Leben auf der Flucht – Männer, Frauen und Kinder.

Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie diskutierten die Verantwortlichen in Deutschland darüber, ob wir rund 5.000 Kinder aus den Auffanglagern in Griechenland aufnehmen. Seit Corona gibt es diese Diskussionen (fast) nicht mehr. Heißt dies, dass sich das Problem gelöst hat? Oder ist uns jetzt der Blick auf uns, auf die Probleme und Gefahren, die wir durch das Virus erleiden, größer? Ja, es macht schon etwas mit einem, wenn man einen Mund-Nase-Schutz tragen muss und seinem Gegenüber nicht näher als 1,50 Meter kommen soll. Es macht etwas mit uns, wenn wir mal zwei Wochen in häusliche Quarantäne gehen müssen. Es macht auch etwas mit uns, wenn die finanziellen Mittel einbrechen.

Aber was macht dies aus im Vergleich mit dem, was die Flucht mit den 80 Millionen Menschen macht?

Wir können das große Leid der Welt nicht ändern, aber wir können auch in der jetzigen Zeit weiterhin Stimme für die Menschen auf der Flucht sein. Wir können Hilfsprojekte (Kolping International, UNHCR, etc.) finanziell unterstützen. Wir können, wie es in vielen Kolpingsfamilien bereits getan wird, aktiv die Menschen vor Ort unterstützen. Und wir können unsere Politiker*innen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene fragen, was sie für die Schwächsten in unserer Gesellschaft tun werden, und danach entscheiden, wo wir unsere „Kreuzchen“ machen.

Lasst uns dabei auch nicht vergessen, dass auch Jesus bereits als Säugling die Erfahrung der Flucht machen musste.

Ralf Schröder, Arbeitskreis Vielfalt

(1) https://www.unhcr.org/withrefugees/de/

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Flucht

(3) https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen/?donation_custom_field_1628=J102&gclid=Cj0KCQjwoaz3BRDnARIsAF1RfLcmEiGVrUMVaAj_loMKRDHpu1joLbUi-bV6G-qQFEKWD-b3nm5nwAYaAlJTEALw_wcB