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Der Bütenredner und Diakon Willibert Pauels, bekannt als Bergischer Jong war bei der Kaller Kolpingfamilie zu Gast. Foto: Reiner Züll

Witzig, und dennoch tiefsinnig

Beim Vortrag des „Bergischen Jung“ Willibert Pauels blieb bei der Kolpingsfamilie im Kaller Pfarrheim kein Auge trocken – Der fromme Jeck berichtete von „TabernakelWanzen“, vom kaputten „Zapfhuhn“ und vom Heiden „Witzka“, für den das Lied „Heidewitzka, Herr Kapitän“ geschrieben worden sei – Auch zeitkritische Töne.

Kall – Als Hans Peter Dederichs, der Vorsitzende der Kaller Kolpingsfamilie, letztes Jahr eine Diözesan-Versammlung des Kolpingwerkes in Aachen besuchte, und dort einen Auftritt des als „Bergischer Jung“ bekannten Büttenredners und Diakons Willibert Pauels erlebte, stand für ihn sofort fest: „Dat wär‘ doch och jet für uns“. Dass er mit dieser Einschätzung richtig gelegen hatte, zeigte sich jetzt im vollbesetzten Kaller Pfarrheim, wo Dederichs den „frommen Jeck“ mit dem roten Domradio-Shirt begrüßen konnte.

„Wir hätten noch viel mehr Karten verkaufen können“, berichtete Dederichs vor Beginn des gut ein­stündigen Vortrages des Bergischen Jung, der das Publikum, getreu dem Motto „Humor ist ein Teil der Religion“, recht witzig, aber dennoch tiefgründig unterhielt. Humor, so der DiaClown, bedeute für ihn, über den Dingen zu stehen, und so der Perspektive der Enge und Angst zu entkommen. Das ist für ihn auch der Schlüssel zur Beantwortung der Frage, warum Diktatoren nicht mit Humor, sondern eher mit Angst arbeiten und Spaßmacher verfolgen.

Im Pfarrheim zog Pauels die Besucher gleich von der ersten Minute an in seinem Bann, als er mit ausgesprochen witzigen Beispielen die Unterschiede zwischen den Rheinländern und dem Rest der Republik skizzierte. Auch unter Kardinal Woelki sei er noch immer ein katholischer Diakon. Er habe Woelki ein Fahrrad schenken wollen, was der Gottesmann jedoch abgelehnt habe.

Pauels erinnerte an den einst von Schauspieler Heinz Rühmann dargestellten Pater Braun und dessen Credo: „Humor ist eine Erscheinung der Religion, aber nur, wer über den Dingen steht, kann sie be­lächeln“. Sein früherer, recht konservativer Chef Kardinal Meisner, den er immer in seinen Büttenreden immer „Kanalmeister“ zu nennen pflegte, habe, „seinen“ Diakon in der karnevalistischen Bütt immer wieder gewähren lassen, ja sogar unterstützt.

Der Bergische Jung berichtete von vielen „Tabernakel-Wanzen“, die sich damals beim „Kanalmeister“ empört hätten, dass er es zulasse, dass ein katholischer Diakon in die Bütt gehe. Ganz humorige beschrieb der Diakon den Begriff „Heiden“ für Ungetaufte: Kölner hätten ein Lied extra für die Heiden geschrieben, und zwar für einen ganz bestimmten Ungetauften, nämlich für den Heiden „Witzka“. Daraus sei schließlich das Lied „Heidewitzka Herr Kapitän“ entstanden. Und dieses Lied stimmte der jecke Diakon mit dem Publikum im Pfarrheim an. Das Publikum bog sich vor Lachen, und auch der neue Kaller Pfarrer Klemens Gößmann hatte seinen Spaß an den tiefsinnigen Witzen des humorigen und schlagfertigen Diakons.

Pauels berichtete von einem Mann, der nach einem Zechgelage in ein offenes Grab auf dem Friedhof fiel und dort von einem Besucher entdeckt wurde. Dessen Kommentar: „Wat für ne Döskopp, da lässt der sich die Kiste klauen.“ Der Vortragende machte im Pfarrheim keinen Hehl daraus, dass ihn das Gendern „auf den Sack geht“. Er berichtete von einer Frau, die in der Gaststätte Durst auf ein Glas Radler verspürte und sich beim Wirt eine „Radlerin“ bestellte. Daraufhin der Wirt schlagkräftig: „Tut mir leid, aber das Zapfhuhn ist kaputt“.

„Die haben doch nicht alle Latten am Zaun“ ging der Diakon mit diesen Leuten ins Gericht, die seinen Lieblingsindianer Winnetou schon als Figur diskriminierend und rassistisch empfinden. Pauels: „In den Romanen und Filmen mit Winnetou geht es doch nicht um die Dokumentation über amerika­nische Ureinwohner.“ Jedes Kind begreife schon, dass die Blutbrüderschaft von Winnetou und Old Shatterhand genau das Gegenteil von Rassismus sei, nämlich eine Ikone von Toleranz und Freundschaft.

Zum Schluss erzählte Pauels seinen Lieblingswitz über den Tod: Sturzbesoffen gehen Tünnes und Schäl nachts nach Hause und nehmen eine Abkürzung über den Friedhof Melaten, wo sie inmitten der Gräber einschlafen. Als Tünnes plötzlich wach wird und lauter Gräber um sich herum sieht, weckt er Schäl mit den Worten: „Auferstehung, und wir sind die ersten“.

Hans Peter Dederichs bedankte sich mit einer Flasche bei Willibert Pauels, der daraufhin drei seiner Bücher, die er zum Verkauf anbot und auf Wunsch signierte. Und selbst beim Verkauf der Bücher hatte der witzige Diakon den Schalk im Nacken: „Zehn Prozent des Verkaufserlöses werden für einen sind für einen guten Zweck bestimmt – nämlich für mich“.

(Reiner Züll)