Verzeihen, vergeben, versöhnen …
Beim Autofahren höre ich immer Radio, am liebsten Wortbeiträge und weniger Musik. Das macht mich zu einem regelmäßigen WDR 5-Hörer. Letzten gings es in einem Interview mit einer Fachfrau, einer Therapeutin (?) ums Vergeben. Im weiteren Gespräch machte die Therapeutin eine sehr wichtige Differenzierung: Sie sprach vom Verzeihen, Vergeben und Versöhnen. Drei Begriffe, die nicht das Identische meinen, auch wenn sie das gleiche Thema betreffen. Ich beschreibe es aus der Erinnerung verbunden mit meinem Verständnis.
Beim Verzeihen sprach sie davon, dass die „geschädigte Person“ etwas verzeihen kann, weil es ihr vollkommen reicht, es für sich persönlich abzuhaken. Die „schuldige Person“ kann dieses Verzeihen allein zur Kenntnis nehmen. Bei alltäglichen Bagatellen kommt dies gewiss am häufigsten vor, wenn jemand um Verzeihung bittet und sie erhält.
Bei der Vergebung geschieht mehr zwischen den betroffenen Parteien. Hier kann die leidtragende Person der schuldig gewordenen Person vergeben, also ihr die belastende Schuld nehmen, wenn diese zuvor nicht nur einfach „Entschuldigung!“ sagt, sondern um Vergebung bittet. Hier spielt die Beziehung zwischen beiden bereits eine viel größere Rolle; es kann etwas Bestehendes wiederhergestellt werden.
Die Versöhnung ist dann die Hochform. Wer sich wirklich versöhnt, ist zu einer neuen und belastbaren Beziehung bereit. Es ist wie ein echter Neuanfang ohne Altlasten. So wie beim barmherzige Vater, dessen Ausmaß an Vergebung, -nein (!) an Versöhnung mit seinem jüngeren Sohn u.a. für den älteren Bruder nicht auszuhalten ist. Der jüngere Sohn muss es nur schaffen nach seiner erkannten Schuld, sich selbst zu verzeihen. Eine glückliche, neue Zukunft ist gewollt!
Das alles ist ein großes Thema für diesen kleinen Impuls. Aber allein etwas differenzierter auf diesen menschlichen Bereich zu schauen, der uns frei entscheidende Menschen ohne Zweifel lebenslang und vermutlich tagtäglich beschäftigt, unglücklich, aber auch wieder glücklich machen kann, lohnt sehr. Oder?!
Im bin auch immer noch in Gedanken bei der letzten Vollversammlung des Synodalen Weges in Deutschland. Zur Synodalität gehört auch die „innere Qualität der Beziehungen untereinander in der Kirche“ (vgl. Beschluss 05 „Synodalität – gemeinsam auf dem Weg sein“ ; BDKJ-Vollversammlung im Bistum Aachen vom 19.06.2022), die nicht wie z.B. die Sperrminorität in einer Geschäftsordnung vereinbart werden kann. Hier habe ich große Erwartungen an diejenigen Bischöfe, die diesem Beziehungsanspruch im Prozess des Synodalen Weges bislang offenbar nicht gerecht wurden.
Zurück zu uns selbst und unserem Leben: Wenn wir tatsächlich Versöhnung -wo auch immer- schaffen, ist nicht automatisch alles gut und gar „wie vorher“. Ich glaube es muss NEU, ANDERS und BESSER werden! Was meinst du?
Treu Kolping!