Kerzen anzünden ist für mich viel weniger eine Frage der Gemütlichkeit, …
Die meisten Kerzen, die ich angezündet habe, brannten irgendwo in einer Kirche. Irgendwie tut es mir gut, wenn ich ein Anliegen habe, das mich sehr bewegt und ich kann es mit einer brennenden Kerze verbinden. Und es sind nicht Hunderte, aber eben einige.
Und wahrscheinlich kann ich meiner familiären Prägung gar nicht „entkommen“. Aber warum auch?!! Denn sehr oft, wenn etwas besonders „Schweres“ da war, hieß es: „Geh kurz rüber in die Kirche und mach´ne Kerze an.“ Wir wohnten direkt neben der Kirche, und Kerzen brannten viel besser und sicherer dort als bei uns zu Hause. Aber es war eben auch ein besonderer Ort. Noch lange war es uns Kindern wichtig, so dass es einfach schön war, wenn unsere Mutter für uns eine Kerze angezündet hatte. Gerne auch in der Küche.
Wenn mein Anliegen und mein kurzes Gebet mit dem Brennen der Kerze einfach noch ca. zwei, drei Stunden „da ist“, hilft mir das. Ich weiß genau, dass diese paar Gramm Paraffin keine Wunder wirken können. Aber daran habe ich mich nie „abgearbeitet“: Kerzen entzünden in Kirchen, Kapellen, … bedeutet etwas für mich.
Zuletzt war ich in Kevelaer in und vor der großen Kerzenkapelle – und habe dort Kerzen entzündet. Zufällig traf ich aus einem Dorf, in dem ich früher gearbeitet habe, ein älteres Ehepaar: „Herr Kock, arbeiten Sie jetzt hier?“ „Nein, ich habe gerade ganz privat hier Kerzen entzündet.“ In den wenigen Momenten, die wir zusammengestanden haben und ich von ihren großen Sorgen erfuhr, hat uns das verbunden. „Und manchmal müssen wir einfach wieder Kerzen hier anzünden.“ „Ja, genau!“ war meine ehrliche Antwort.
Und so deutlich wie nie habe ich realisiert, dass meine Kerze direkt neben anderen steht, also direkt neben anderen Anliegen, Bitten oder dem Dank anderer Menschen. Fast wie eine symbolisierte „Selbsthilfegruppe“. Das war in dieser Form neu für mich und zugleich hat es was Besonderes. Kerzen anzünden ist etwas Stilles, Selbsthilfegruppen eher nicht. Aber dieses Mal war die Stille ja durch diese Zufallsbegegnung durchbrochen. Und meine Kerzen eben inmitten der Dutzenden andere Kerzen.
Treu Kolping