„Mut tut gut.“ So lautete das Motto des bundesweiten Kolpingtages 2015. Hier ist er nun variiert und stellt die Wut als etwas Gutes dar. Es ist aber auch ein echter Ohrwurm. Ab jetzt ein neuer?!
Ich bin eher so erzogen worden, dass ich meine Wut nicht zeigen sollte und sie schon gar nicht auslebe. Zudem war es nicht nur in der Schule immer ein Ideal, etwas vor allem sachlich zu behandeln, zu besprechen und zu entscheiden. Natürlich will ich hier nicht die „blinde Wut“ verteidigen, aber für mich ist Wut eine sehr wichtige Empfindung geworden, ein wichtiger Impuls, den ich nicht mehr ignoriere. Dabei bin ich nicht aufbrausend, unbeherrscht oder cholerisch.
Ich werde wütend und bin (innerlich) aufgebracht, wenn mir Ungerechtigkeit begegnet, wenn populistisch radikale Parolen gedroschen werden und auch wenn sich so wenig und dann auch noch so langsam in unserer Kirche etwas ändert. Dieses Gefühl wirst du auch kennen.
Wut ist eine Form von Energie und ein wichtiges Signal, das uns erkennen lässt, wenn etwas nicht stimmt und wir selbst eingreifen wollen. Der Begriff „Empörung“ wäre mir jetzt hier zu brav und zu wenig. Unsere Gefühle stören nicht, sondern treiben uns an. Mich kann man für etwas gewinnen, wenn ich nicht nur sachlich sehr gefesselt bin, sondern wenn ich darüber hinaus auch noch emotional erfasst bin. Bei dir wird es nicht anders sein.
Wir sollten bei aller nötigen Sachlichkeit unsere Emotionen, gerne auch unsere Wut, nicht außen vorlassen, sondern integrieren und konstruktiv nutzen. Denn ausschalten können wir unsere Gefühle nicht, allenfalls beherrschen und unterdrücken.
Ist es nicht oft der Ausbruch eines einzelnen, eine heftige Auseinandersetzung, die eine Gruppe, ein Gremium am Ende einen großen Schritt weiterbringt?!!
Also die Wut bei mir und anderen wahrnehmen und zulassen. Sie ist die Initialzündung ganz am Anfang für unser Denken und Handeln. Wer in der Wut bleibt und aus ihr nicht herauskommt, richtet nicht selten großen Schaden an.
Gilt nicht auch der Apostel Petrus als „hitziger Kerl“, der sogar bei der Gefangennahme Jesu einem Diener des Hohenpriesters mit dem Schwert ein Ohr abschlägt?! (Joh 18,10ff.) ?! Ob er wohl deshalb auch so weit gekommen ist, weil er offenbar seinen Gefühlen sehr nahe war. Eben sehr menschlich – und hat für mich auch mit Mut zu tun.
Treu Kolping