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Mit dem Tod leben

oder „Wie hältst du es mit dem Friedhof?“ oder

„Wie stehst du vor dem Kleiderschrank oder morgens vor dem Spiegel?“

Ich habe Friedhöfe für mich entdeckt und gehe dort auch einfach nur gerne spazieren. In Krefeld habe ich drei Jahre neben den großen städtischen Friedhöfen gearbeitet und bin dort in so mancher Pause einfach nur spazieren gegangen. In dem Dorf, in dem ich gewohnt habe, als ich unsere Kinder noch im Kinderwagen bewegt habe, war der Friedhof der nächste erreichbare Ort, der auch zum Spazierengehen einlud. Und immer war auf den Friedhöfen recht viel los und speziell in unserem Dorf gab es gewissermaßen eine eigene „Community“ dort, zu der ich mit dem Kinderwagen auch gehörte. Das hatte was! Es wurde ganz alltäglich geplaudert, aber eben auch manchmal war genau hier „der Raum“ für Vertrauliches, Ehrliches und Persönliches. Tatsächlich!

Ja, es gibt ebenso den traurigen Friedhofsbesuch, der nicht mit einem lockeren Gespräch verbunden ist, sondern der einen betrübt dastehen lässt, weil man einen menschlichen Verlust „besucht“. Da sind Eltern, Verwandte, Freundinnen und Freunde zu betrauern. Es ist nicht leicht unser Leben mit dem Ende. Dabei glauben wir Christinnen und Christen doch an einen Gott, für den es das Ende nicht gibt, sondern der –so besehen- nur den Anfang kennt.

Bringen wir den Friedhof nicht nur hinter uns, sondern nutzen seine Möglichkeiten. Und nehmen die anderen wahr, die mit uns gemeinsam dort sind. Nutzen wir dieses „Raumangebot“, dass uns mit dem Tod umgehen lässt.

Meine Gräber erreiche ich leider immer nur mit langer Anfahrt und bin eher selten da. Manchmal öffne ich aber meinen Kleiderschrank und entscheide mich für das gute weiße Oberhemd meines verstorbenen Vaters. Hört sich banal an. Ist es aber nicht! Und wenn ich dann darüber mit meinen Geschwistern spreche, dann stehen wir –für mich- gefühlt auch an seinem Grab.

Oder wenn ich jeden Morgen die gleiche Rasiercreme benutze wir mein Vater, dann merke ich mit jedem anfangenden Tag, dass mein Leben weitergeht. Hört sich banal an. Ist es für mich aber nicht. Ich brauch´ so ´was. Und du?