Beim Familien-Zelten gingen heuer die Freibeuter über die Planke.
Donnerstag: Regen! Montag: Regen! Aber am Wochenende dazwischen konnten 19 Familien bei Traumwetter ihre Zelte auf dem Jugendzeltplatz Eyller See in Kerken aufschlagen, denn der „Arbeitskreis Familie“ hatte wieder zum Outdoor-Wochenende eingeladen. Wie immer in der nun schon 10-jährigen Geschichte dieses jährlichen Events standen die drei Tage unter einem Motto, das diesmal Piraten hieß. Einige der Teilnehmer – die jüngsten gerade 3 Jahre alt und die ältesten bereits über 50 – kamen dementsprechend bereits fertig kostümiert mit Piratenhut und Säbel am Ort des Geschehens – nennen wir es die Schatzinsel – an. Ein buntes Gewusel entstand, und doch hatte man den Eindruck, hier steckt System hinter. Während die Erfahrenen sich um die Herrichtung der luftigen Nachtlager im Schutze der Bäume kümmerten und die Kombüse klarmachten, erforschten die Jüngsten die Schatzinsel in Gänze, fanden den Aussichtsturm mit Rutsche, das Schlachtfeld (welches bestens zum Fußballspielen geeignet zu sein schien) und auch unwegsames Gelände, das ob der Regenfälle der vergangenen Wochen einem Teufelsmoor glich und nur von den Mutigsten durchquert wurde.
Gen Abend eroberten erste Offiziere eine Feuerstelle, um über lavaheißer Glut das Festmahl anlässlich der Eroberung der Schatzinsel zu bereiten – ganz nach dem Geschmack der versammelten Mannschaft. Der Abend ergoss sich in wohliger Atmosphäre am Lagerfeuer, das mit dünnem Holze und mithilfe eines Feuerstahls entfacht werden konnte. Erst spät legten sich die Seeräuber zur Ruhe.
Der nächste Tag brachte einiges an Arbeit mit: Kopftücher, Hakenhände, Kompasse, Fernrohre und Fackeln mussten in großer Zahl hergestellt werden und jeder leistete seinen Beitrag dazu. Wie gut, dass die Schatzinsel über Elektrizität verfügt, denn der Gebrauch von Stichsägen gehört seit Anbeginn der Zeltwochenenden zum Markenkern, heuer zum Aussägen der Säbel, die im Anschluss mit reichen Mustern gebranntmarkt und verziert wurden.
So ausgestattet konnten die jungen Freibeuter am Nachmittag die Piratenausbildung durchlaufen. An den wilden 13 Stationen ging es um Schläue, List, Kraft, Ausdauer, Merk- und Fingerfertigkeit – ein Spaß zum Betrachten, aber eine große Herausforderung für die jungen Kadetten. Dennoch: Am Ende bestanden alle ihre Prüfungen mit Bravour und konnten am Folgetag ihre offizielle Piratenurkunde in Empfang nehmen.
Zuvor jedoch wurde erneut am Lagerfeuer ausgelassen gefeiert, umrahmt mit dem Licht der am Vormittag gefertigten Fackeln. Dabei entspann sich ein Wettstreit darüber, wer die meisten Lieder beisteuern könne. Immer neue Lieder wurden aus der Erinnerung geholt und lautstark zum Besten gegeben – so lange, dass so mancher Pirat bereits sein Nachtlager aufsuchte und durch die Gesänge ins Land der Träume begleitet wurde.
Die Nacht ging fort und umrahmt vom friedvollen Gesang der Vögel erwachten die Seeräuber zum letzten Tage ihres Abenteuers. Noch einmal stand eine Prüfung an: Strategisch mussten zwei verfeindete Piratenmannschaften gegeneinander antreten und sich gegenseitig gefangen nehmen, um am Ende den Schatz zu erbeuten. In mehreren Spielrunden wurde die Strategie immer weiter verfeinert, so dass alle am Ende gut auf das wahre Seeräuberleben vorbereitet waren.
Aus heutiger Sicht erscheint das Freibeutertum natürlich als maßlos unzivilisiert, und dennoch waren es in ihrem Kreise ehrbare und gläubige Menschen. So stand am Ende des Abenteuers auch ein gemeinsamer Gottesdienst, zu dem sich alle unter dem weiten Himmelszelt zusammenfanden. Ein schöner Abschluss eines außerordentlichen Wochenendes.
Fürs kommende Jahr ist der Zeltplatz bereits wieder gebucht: vom 27 bis 29. Juni 2025!
Peter Witte